Vom Zauber des Wanderns

Das Wandern ist Zeitlos, Wandern ist immer oder wieder In. Ich gehe mal in die 80er zurück, in denen der damalige Bundespräsident Karl Carstens seine Deutschlandtour von Hohwacht bis Garmisch, quer durch Deutschland, wanderte. Er war ein wahrer Glücksfall für das Wandern in Deutschland. In seiner Rede zum Amtsantritt als Bundespräsident am 01. Juli 1979 wird zitiert: „Ich meine, dass wir trotz aller Sorge um die Erhaltung der Umwelt und die Bewahrung der natürlichen Lebensbedingungen nicht übersehen sollten, welche Fülle landschaftlicher und kultureller Schönheiten Deutschland uns bietet.
Wie ich mit Freuden feststelle, nimmt die Wanderbewegung bei uns wieder zu. Ich möchte diese Bewegung auf das Wärmste unterstützen. Meine Frau und ich haben uns vorgenommen, wenn unsere Kräfte dazu reichen, Deutschland vom Norden bis zum Süden zu Fuß zu durchwandern.“
Diese Worte wurden im Bundestag mit Heiterkeit und in der Öffentlichkeit weitgehend ungläubig aufgenommen. Doch Karl Carstens machte Ernst und am 11. Oktober 1979 begann er in Hohwacht an der Ostsee das denkwürdige Unternehmen.
Die Deutschlandwanderung des Bundespräsidenten wurde zu einer wahren Volksbewegung.

Seit Karl Carstens übernahm jeder weitere Bundespräsident die Schirmherrschaft über den Deutschen Wanderverband. Wilfried Schmidt, ehemaliger Hauptwanderwart des Deutschen Wanderverbandes, hat hierzu vom Zauber des Wanderns geschrieben.

Unter allen Freizeitbeschäftigungen steht Wandern an führender Stelle. Unterschiedliche Gründe treiben den Menschen , wandernd unterwegs zu sein. Sorge um die Gesundheit, Liebe zur Natur, Freude an sportlicher Leistung, Lust am Abenteuer, Neugier auf Begegnungen, Suche nach Ruhe und Selbstbestimmung, Freiheit von Zwängen und Zielen und Abkehr vom Alltag.
Es ist, so Schmidt, offenbar, dem Wandern wohnt ein Zauber inne, der viele Menschen fasziniert. Man fährt, um an ein Ziel zu kommen, man wandert, um unterwegs zu sein. Nur wer sich bewegt, lebt. Wandern heißt, seinen Weg gehen. Ein spezieller Zug des Wanderns ist sein Verhältnis zur Zeit. Der Wanderer, der es eilig hat, ist ein Anachronismus; für den rechten Wanderer fällt die Zeit zusammen mit dem Glück und mit der Erfahrung reiner Gegenwart. Der Wanderer lebt, wenn er unterwegs ist, gänzlich in der Gegenwart, für ihn hat die Zeit ihren drängenden Charakter verloren.
Wenn man sagt, Staunen sei der Anfang aller Philosophie, dann ist der Wanderer der geborene Philosoph. Denn zum Wandern gehört das Staunen, das Staunen über all die großen und kleinen Wunder am Wege. Und so gehts zum Anfang der Betrachtung zurück, zurück zum Zauber, der dem Wandern zugehört.

Lassen wir uns von diesem Zauber anrühren und wandern.


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